Buttmannstraße 18

Tina S. – die Geschichte einer Zwangsräumung

Am 15. Juli 2014 wurde Tina S. aus ihrer Wohnung in der Buttmanstraße 18, in der sie 40 Jahre gelebt hatte, zwangsgeräumt. Das Haus wurde 2007 von der der städtischen GESOBAU an private Eigentümer verkauft. Durch mehrere Wechsel der Hausverwaltungen und erneute Eigentümerwechsel und das damit einhergehende Chaos kam es 2008 zu geringen Mietschulden, die jedoch von ihr beglichen wurden. Ab diesem Zeitpunkt sollte das Jobcenter die Miete direkt überweisen, doch versäumte dies – trotz schriftlicher Zusage. Tina S., die gar nichts von der ausstehenden Miete wissen konnte, erhielt fünf Monate später die Kündigung. Das Gericht sah diese als rechtens an.

In den letzten 3 Jahren wurde die Miete immer pünktlich gezahlt. Im Frühjahr 2013 wandte sich Tina an das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ und es wurde eine Kundgebung vor dem Büro der Hausverwaltung am Ku’damm organisiert. Wegen ärztlicher Atteste konnte vor Gericht ein Räumungsaufschub von 12 Monaten erwirkt werden, der gerichtlich dann aber um 6 Monate verkürzt wurde. Der erste Zwangsräumungstermin am 20.06.2014 konnte noch verhindert werden, 50 Unterstützer*innen den Eingang zum Hinterhaus blockierten. In der Nacht vor dem zweiten Termin wurde Tina vom sozialpsychatrischen Dienst und der Polizei wegen „Suizidgefahr“ ins Krankenhaus gebracht. Zum Glück sah das Krankenhauspersonal, dass die Suizidgefahr ausgedacht war. Tina konnte mit Unterstützer*innen telefonieren und zum Räumungstermin am 15.07.2014 fahren.

Am Tag selbst kamen die Gerichtsvollzieherin und Polizei erst, als viele Unterstützer*innen nicht mehr da waren. Mit viel Polizei wurde die Wohnung von Tina dann geräumt.

Statement von Tina
Ein Appell bzgl. der Räumung der Buttmannstraße 18

40 Jahre wohne ich nun in diesem Haus. Hier habe ich gelebt, geliebt, gekocht, geweint, Kinder großgezogen und Freunde eingeladen. Meine Wohnung verliere ich, weil die Rendite über die Mieteinnahme dem Hausbesitzer zu gering ausfällt. Meine Wohnung verliere ich, weil das Jobcenter die Mietzahlung „vergessen“ hat. So ergänzt das Jobcenter die Interessen des Hausbesitzers und umgekehrt. Beide sagen, die Frau lohnt sich nicht, hat keinen Wert. Die Mietschuld wurde mit 5% über dem Zinssatz ausgeglichen.

Liebe Nachbarinnen, liebe Zeitungsleserinnen, das enthemmte Vorgehen des Hausbesitzers, des Jobcenters, der Polizei bei der Räumung, des Gerichtes, der Gerichtsvollzieherin macht Angst und soll Angst machen. Es fehlt ihnen jegliche zivilisatorische Bremse, die besagt, dass jedem Menschen, weil er/sie Mensch ist, eine Wohnung in der Umgebung in der sich dieser vertraut fühlt, zusteht. Die Räumung zieht sich nun über ein Jahr hin. Hilfe kommt für arme Menschen nicht von zivilisatorisch ungebildeteten Institutionen und Hilfskräften. Sie wurde mir von dieser Seite verwehrt. Auch im Mittelalter gab es Stadtverbote.

Weil wir keine Hilfe zu erwarten haben, lasst uns gegenseitig helfen. „Basta“, „Hände weg vom Wedding“, „Zwangsräumung verhindern“ und „Runder Tisch gegen Gentrifizierung Moabit“ sind mir eine große Hilfe. Ich will Berlin nicht verlassen, da ich hier meine Wurzeln habe und in meinem Alter woanders keine mehr schlagen kann!

Tina S.