Calvinstraße 21

Kleine Geschichte der Calvinstr. 21 in Moabit

Erbaut 1960/61 im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus, aus Mitteln, die aus dem zweiten Berliner Wohnungsbaugesetz (1956) stammten, um einkommensschwächere Bevölkerungsschichten zu fördern. Das Haus wurde bezugsfertig am 1. September 1961. Eva Bugenhagen zog gemeinsam mit ihren Eltern am 1. Oktober 1961 in das Haus ein.

14.08.2001 Die evangelische „Alexandra-Stiftung“ GmbH verkauft das Mehrfamilienhaus an die in Biberach ansässige „Team 2 GmbH“ (Geschäftsführer: Günter S.). Wenig später gerät „Team 2“ in finanzielle Probleme. Polizeipräsident von Berlin ermittelt wegen Verdachts des Betruges
11.09.2002 Die Hausbewohner werden aufgefordert, die Miete auf ein Pfändungskonto zu zahlen.
15.11.2002 Nach einer Zwangsversteigerung befindet sich das Mehrfamilienhaus im Besitz eines Düsseldorfer Investors.
Mai 2009 Der Düsseldorfer Investor verkauft das Mehrfamilienhaus an die „Terrial GmbH“ aus Biberach. Es ist die Rückkehr des Günter S. Die „Terrial“ residiert unter gleicher Adresse, wie die „Team 2 GmbH“.
26.06.2009 Der Innenhof, das Eckgrundstück zur Melanchthonstraße und mehrere angrenzende Hofgrundstücke werden in eine Großbaustelle verwandelt. Alle gehören dem gleichen Eigentümer. Kein Bewohner wird über die geplanten Baumaßnahmen, deren Dauer und Ziel, unterrichtet.
28.07.2009 Die Bewohner der Calvinstr. 21 erhalten die erste Modernisierungsankündigung (MAK). Die ersten Bewohner ergreifen die Flucht. Später stellt sich heraus, dass die MAK rechtsunwirksam war.
Mai 2010 Großbaustelle. Das Haus verfällt, wird schrittweise unbewohnbar gemacht. Im Mai 2010 werden das Küchen- und Badfenster von Helga Brandenburger von außen zugemauert durch einen Neubau auf dem Eckgrundstück.
31.10.2011 Die Bewohner der Calvinstr. 21 erhalten die zweite MAK. Auch sie ist rechtlich nicht zu halten. Inzwischen sind weitere Bewohner aus dem Haus ausgezogen.
Zwischenzeitlich gehört auch das angrenzende Nachbarhaus Calvinstr. 20a/20b der „Terrial“. Nachdem alle Mieter dieses Nachbarhauses die Flucht ergriffen haben, wird es entkernt und in Luxuswohnungen verwandelt. Die Großbaustelle nimmt kein Ende.
21.11.2011 Die verbliebenen Bewohner der Calvinstr. 21 erhalten Kündigungen zum 31.12.2011, wenige Tage später liegt die Räumungsklage im Briefkasten. Anwälte bombardieren die Bewohner mit Schriftwechsel.
20.05.2012 In einer Nacht- und Nebel-Aktion wird der Fahrstuhl des Hauses entfernt und zusätzlich das gesamte dazugehörige Gestänge.
17.07.2012 5 Urteile des Amtsgerichts Mitte – Kündigungen und Räumungsklagen werden abgewiesen / der Vermieter legt Berufung beim Landgericht (LG) Berlin ein
Juli 2012 Drei Bewohnern wird der Zugang zum Keller mit einer Holzwand abgesperrt.
Nach drei Monaten (einstweilige Verfügung) wird der Zugang zum Keller wieder frei.
31.08.2012 Die Bewohner der Calvinstr. 21 erhalten die dritte MAK: Das gesamte Haus soll komplett entkernt und aufgestockt werden.
ab Sept.2012 Die leer stehenden Wohnungen werden komplett entkernt (stundenlang Bohrungen bis 80-90 Dezibel)
Mai 2013 Nach ca. 1 Jahr (als Folge des Urteils der LG Berlin) wird ein neuer Fahrstuhl in Betrieb genommen
7.05.2013 Urteil LG Berlin – Mietminderungen waren unzulässig / Räumungsklagen werden abgelehnt / Entscheidung über MAK wird mit einem Versäumnisteilurteil „verschoben“
Juni 2013 Auf der Straßenseite des Hauses wird ein Gerüst aufgebaut und die Fassade mit einer Plane zugedeckt, mehrere Planen vor den Transparenten, die damit zugedeckt sind.
2011 bis heute 9 Wohnungen von ursprünglich 15 stehen leer.
Juli 2013 bis Nov.2014 Die Mieter fragen sich und auch die zuständigen Behörden: Warum steht ein Baugerüst um das Haus, obwohl keine Bauarbeiten stattfinden?
Oktober 2013 Urteil des LG Berlin – alle Modernisierungsankündigungen des Vermieters werden für unwirksam erklärt.
12.06.2014 Urteil des LG Berlin – das Transparent „Wir lassen uns nicht Luxussanieren“ kann auf dem Balkon des Mieters stehenbleiben.
15.02.2015 Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat beschlossen, dass das Urteil des LG Berlin vom 7. Mai 2013 aufgehoben wird. LG Berlin muss neu verhandeln.
27.03.2015 Urteil des LG Berlin – die Mieter sind berechtigt die Bruttowarmmiete um 3% zu mindern. (Nur wegen des Eingangs über eine Nottreppe und der Mängel im Treppenhaus. Für zugemauerte Fenster gibt es aber mehr)
2011-2015 15 Gerichtstermine bei Amts- und Landgericht Berlin wegen: Einstweilige Verfügung (Kellerzugang, Heizung, Holzbelege im Treppenhaus, Baugerüst, Beleidigung)
2016-2017 Leerstand wird angezeigt, es dauert bis Ende 2017 bis das Bezirksamt festgestellt ist, dass es sich um Leerstand handelt.
20.05.2018 Zeitgleich zur #besetzen-Aktion kontrolliert die Polizei mit 12 Beamten die Mietverträge der Mieter im Haus.
Die Zukunft Niemand kann heute, nach der 9-jährigen Auseinandersetzung zwischen Vermieter und den 5 verbleibenden Mietparteien sagen :
Was kommt jetzt?